„Das Fatale war, dass Kröhnke das eine haben wollte wie das andere. Er wollte ein verkannter Einsamer sein und zugleich beim Flipperspiel imponieren. Lebemann und Elfenbeintürmer. Jung und weise. Er wollte mit seiner Liebsten leben und mit wechselnden Kleinkriminellen. Auch wollte er, dass seine Erwählten bunte Vögel seien, deren Gefieder er provozierend und in aller Öffentlichkeit tätscheln darf, und zugleich liebte er doch an ihnen eine rauhbeinige und rauhstimmige Normalität über alles. Er wollte händchenhaltender Liebhaber eines Einzigen sein und Dompteur ganzer Banden. Auch wollte er bei ihnen ein Leben aus Schmutz unter den Nägeln leben und wollte er ganze Abende in einem Ohrensessel Agatha Christie lesen. Besonders wollte Kröhnke zugleich aller Herzensbrecher sein und ein Graf Platen, der mit seinen Enttäuschungen Tagebuchfolianten füllt. Er wollte viel allein sein und sein Leben mit einem teilen, ach, er hätte sein halbes Leben weggeschmissen, hätte er jemanden wirklich gewinnen können! Das Fatale war, dass es Kröhnke, mit einem Wort, darauf anlegte, glücklich und unglücklich zu sein. Das Fatale war, man gewährte ihm dies.
1994. Zuerst in „manuskripte“, Graz. Vielfach nachgedruckt in Zeitschriften, Büchern, Anthologien“